Mit Bildern sprechen

Bilder ermöglichen uns, ohne Worte etwas auszudrücken. Bilder sagen etwas aus und sprechen zu uns. Bilder sind dabei erstaunlich empathisch und sagen nicht zu jedem dasselbe. Wer verstehen will, was sie uns zu sagen haben, muss sich auf sie einlassen, offen sein, hinschauen, zuhören, sie auf sich wirken lassen, mit ihnen und sich selbst in Verbindung gehen.

Ich frage mich gerade: Ist es eigentlich ein Selbstgespräch, wenn man in den Dialog mit einem selbst gemalten Bild tritt? Irgendwie schon, aber macht nix, hört ja keiner. Bei mir findet diese Zwiesprache jedenfalls nur im Kopf statt. Vieles von dem, was da zwischen uns zur Sprache kommt, lässt sich ohnehin nicht in Wort fassen und die Botschaften sind häufig emotionaler Natur. Sie vermitteln eine Stimmung, ein Gefühl, lassen weitere Bilder entstehen.

Malen ist heilsam, Bilder anschauen auch

Wir profitieren nicht nur davon, wenn wir regelmäßig selbst malen und kreativ sind, sondern auch, wenn wir Bilder und Kunst von anderen anschauen. Was wir dann wahrnehmen,  entspricht nicht unbedingt dem, was der Künstler und Schöpfer des Kunstwerkes wahrgenommen oder ausgedrückt hat, sondern hängt vor allem von uns selbst ab. Von unseren persönlichen Erfahrungen, von unserer aktuellen Stimmung, von dem Kontext, in dem es gezeigt wird oder von unseren Werten und Überzeugungen. (Mehr dazu in meinem Blogbeitrag zur selektiven Wahrnehmung/Aufmerksamkeit.)

Was uns ein Bild sagt, was wir darin sehen und wie es auf uns wirkt, sagt also mehr über uns selbst aus, als über den Künstler. Wenn du zu denen gehörst, die die eigenen sehr persönlichen und vielleicht auch stark emotional besetzten Kunstwerke nicht gerne zeigen, weil du das Gefühl hast, allzu tiefe Einblicke in dein Seelenleben zu gewähren, ist das eine wichtige Erkenntnis. Sei also getrost frei und ungezähmt in deinem Ausdruck und lass die Welt an deiner Kreativität teilhaben, niemand guckt dir was weg und du beschenkst die richtigen Menschen mit wertvollen Impulsen. Wenn ein Bild von dir jemanden anspricht und die beiden miteinander in Bildsprache kommunizieren, ist es irgendwie auch eine Art Selbstgespräch, das der Betrachter mit sich führt, angeregt und inspiriert durch dein Werk. Dein Bild kann so zu einer wertvollen, heilsamen Ressource nicht nur für dich, sondern auch für andere werden.

Rezeptive Kunsttherapie

Dass Bilder, die wir betrachten, auf uns wirken, macht sich die rezeptive Kunsttherapie zunutze. Rezeptiv bedeutet dabei so viel wie empfangend. Während wir bei der aktiven Wahrnehmung fühlen, sehen, riechen, tasten und hören, geht es bei der rezeptiven Wahrnehmung darum, dass etwas auf dich zukommt, dich berührt, dich ergreift, etwas steigt dir in die Nase, dringt an dein Ohr, kommt in dein Blickfeld. Du brauchst nichts zu tun, außer offen zu sein, dich ergreifen und berühren zu lassen. Einfach nur empfangen, was kommt, zulassen, was passiert. Wobei das manchmal gar nicht so einfach ist.

Wir rennen leider viel zu oft mit Scheuklappen durch die Gegend und es bedarf etwas Übung, offen und empfangsbereit zu sein für das, was die Welt uns zu geben und mitzuteilen hat. Kunst offenen Auges und Herzens zu betrachten ist eine gute Übung dafür, selbst kreativ und schöpferisch tätig zu sein auch. Wenn wir uns davon berühren lassen, empfangen wir neue Impulse und Inspiration. So eine Berührung kann entspannend und beruhigend sein oder auch aufwühlend und aktivierend.

So kannst du mit einem Bild ins Gespräch kommen

Sei möglichst offen und unvoreingenommen.

Stopfe nicht alles einfach bloß in die gefällt mir oder gefällt mir nicht Schublade. Nicht bewerten, sondern betrachten. Das hilft übrigens auch im Umgang mit anderen Menschen. 😉

Nimm dir Zeit und sei geduldig, wenn nicht sofort etwas rüberkommt.

Assoziiere frei. Wie wirken die Farben und Formen auf dich? Welche Gefühle und Gedanken tauchen bei dir auf? Entdeckst du konkrete Figuren in dem Bild? Was bedeuten diese für dich und was kannst du vielleicht von ihnen lernen? Was verbindest du damit?

Verweile nicht bei negativ besetzten Assoziationen. Lass diese einfach weiter ziehen und fokussiere dich stattdessen auf die hilfreichen, die du ruhig weiter spinnen und ausschmücken darfst.

Du trainierst damit ganz automatisch deine Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Fantasie, Achtsamkeit,  den Umgang mit Emotionen und empfängst wertvolle Impulse, die dich inspirieren und weiter bringen können. 

In diesem Bild hier konnte ich zunächst gar nichts sehen, nur ein scheinbar misslungenes Abklatschbild mit ganz viel Grün, das nicht zu mir sprach. Mit einem wohlwollenderen, offenen Blick zu einem späteren Zeitpunkt zeigte sich mir dann ein Bergsteiger. Auf den Knien und gestützt auf einen Stock schleppt er sich mühevoll den steinigen Weg nach oben. Er ist bereits sehr erschöpft und zweifelt, ob er die letzten Meter bis zum Gipfel noch bewältigen kann…

Die Botschaft: „Wenn du zweifelst, schau nicht nur zum Gipfel, sondern richte deinen Blick immer wieder nach unten ins Tal auf das, was du bereits geschafft hast.“ Es ist wenig überraschend, dass ich mich gerade in einer Phase der Überforderung befand, als ich diese Botschaft erhielt. Mir hat es jedenfalls geholfen.

Kannst du den Bergsteiger in dem grünen Chaos entdecken? Siehst du vielleicht ganz andere Dinge? Probiere die Tipps oben doch gleich mal aus und komme mit diesem oder einem anderen Bild ins Gespräch!

Viele Spaß dabei und nur Mut!

Katrin

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