Mein Weg als Mutmalerin – Learnings, Erkenntnisse und Erfahrungen aus den letzten Monaten

Falls du nur zum Bilder gucken gekommen bist und keine Zeit/Lust zum Lesen hast, kannst du hier direkt nach unten zu den Bildern hüpfen.


Mein Weg als Mutmalerin führte mich im Juli an eine große Weggabelung. Wahrscheinlich hatte ich mich dort schon länger aufgehalten und auf der Stelle bewegt ohne mir dessen bewusst zu sein. Kannte jeden Grashalm und hatte mich dort eingerichtet.

Es gab immer wieder mal einzelne Schauer, irgendwann hörte es aber gar nicht mehr auf zu regnen und mein Proviant war auch aufgebraucht.

Zeit also, diesen Platz zu verlassen und auf meinem Weg weiterzugehen. Dazu war aber eine Entscheidung nötig. Nehme ich an der Gabelung den rechten oder den linken Pfad? Der linke erschien mir ein bisschen breiter und der Bewuchs am Wegesrand vertraut, ähnlich dem, was ich schon von früheren Etappen meiner Wanderung durchs Leben kannte. Auf ebener Fläche wand er sich kurvenreich bis zum Horizont.

Der rechte wirkte andersartig, fremd und auf den ersten Blick weniger einladend. Außerdem führte er recht steil über Geröll auf ein Felsmassiv zu, die Landschaft dahinter war im Nebel nicht zu sehen.

Ich nahm den rechten Weg. 

Warum?

Wegen dem, was in das Holzschild eingeritzt war, das nach rechts in den Nebel wies.

Mir war klar, dass ich ohne Proviant meine Kräfte schonen muss. Wer weiß, wann sich dort zwischen all den Steinen im nebligen Grau wieder Nahrung oder eine Möglichkeit zum Rasten und Auftanken finden würde. Ich räumte also meinen Rucksack vollständig aus, eine gründliche Inventur war angesagt. Was brauche ich jetzt wirklich, was kann (ganz oder zeitweise) weg?

Ich erinnerte mich an meine Solotour mit Rucksack, Zelt und Schlafsack durch die schottischen Highlands vor ein paar Jahren. Mein Gepäck musste definitiv leichter werden, sonst würde ich es nicht über das unwegsame Gelände schaffen, das vor mir lag.

Schweren Herzens aber auch mit der Gewissheit, dass es notwendig war, ließ ich einige liebgewonnene Dinge am Fuße des Wegweisers zurück.

Auf dem Schild nach rechts stand übrigens „Weg der Künstlerin“. Nachdem ich den Text endlich entziffert hatte, kam ordentlich Bewegung in meine innere Gefühls- und Gedankenwelt. Wie wenn man zu viele Päckchen Brause isst, vielleicht kennst du das. Es prickelt, blubbert und kitzelt einen im Bauch so richtig durch. Schwer auszuhalten, aber irgendwie auch lecker (besonders Himbeer und Waldmeister) und so lebendig.

So zog ich also mit leichtem Gepäck, das wirklich nur das Notwendigste enthielt, von dannen ins Ungewisse. Es fühlte sich so ähnlich an wie der Start einer Ultrawanderung. Erfahrungen mit langen Märschen habe ich ja schon und so schritt ich entschlossen voran, den Blick stets nach vorn gerichtet, um nicht im Nebel über die Steine zu stolpern.

Kannst du ein kleines bisschen mitfühlen und hast vielleicht selbst schon eine ähnliche Situation erlebt? An dieser Stelle verlasse ich den etwas märchenhaften und metaphorischen Erzählstil, sonst wird ein ganzer Roman daraus, und berichte dir von meinen nächsten Schritten und Erfahrungen.

War die Entscheidung richtig?

Yes! Die Entscheidung, den Weg der Künstlerin und Mutmalerin weiter zu verfolgen, war für mich eine der besten, die ich jemals getroffen habe, auch wenn der Pfad vor mir stets im Nebel liegt und das schwierige Gelände die Wanderung sehr anstrengend macht. Ich bin sozusagen auf dem rechten Weg in jeder Hinsicht.

Das gilt unabhängig davon, wohin er mich noch führen wird, denn ich habe schon jetzt so viel gelernt, wertvolle und nachhaltige Entdeckungen auf dem Weg gemacht, die mich für immer begleiten werden, dabei ist das nur der Anfang. Wenn wir ein Ziel haben, das uns nicht von außen übergestülpt oder sagen wir nahegelegt wird, das vielmehr einem inneren Ruf gleicht, werden erstaunliche Kräfte mobilisiert. Die Begegnungen und Fundstücke am Wegesrand und die Resonanz darauf im Inneren lässt uns Durststrecken und Hindernisse überwinden, die uns unter anderen Umständen mit einer anderen inneren Haltung nicht zu bewältigen scheinen.

Rechts abgebogen und dann?

All in! Ich habe viel Zeit (15-20 Malstunden pro Woche) und Geld für Aus- und Weiterbildung sowie Arbeitsmaterial investiert. Genaueres zur Ausbildung werde ich nach Abschluss des Programms, das 1 Jahr dauert, berichten, wenn ich Bilanz ziehen kann. Seither verzichte ich auf vieles andere, was mir auch etwas bedeutet und wichtig ist.

So habe ich zum Beispiel schweren Herzens das Steady-Projekt der Mutmalerei und damit verbunden die tolle Gemeinschaft mit wunderbaren Menschen an der Weggabelung zurückgelassen. Die Mutimpulse als wertvolle Unterstützung für mich und die Steady-Mitglieder ruhen ebenfalls. Wenn ich gemalt habe, dann nicht nur aus Spaß an der Freude, wonach mir gerade zumute war, sondern als Arbeitsaufgabe zum Üben und Lernen.

So viele erste Male, anspruchsvolle, komplexe Aufgaben mit strikter Zeitbegrenzung, oftmals verbunden mit dem Gedanken, das wird nix, das kann ich nicht, wie das mit neuen Dingen häufig der Fall ist. Aber zum Glück weiß ich ja, dass das nur Gedanken sind, die bedeuten nur so viel, wie ich ihnen zugestehe. Ich kann sie zur Kenntnis nehmen und trotzdem unabhängig davon handeln. Also Challenge accepted und losgemalt. Mir immer wieder klargemacht, dass das alles Übungen sind, an denen ich wachse. Ich muss keine Erwartungen erfüllen, niemandem etwas beweisen, nichts tun außer malen und zeichnen, den nächsten Schritt gehen, offen sein, mich auf den Malprozess einlassen. Weniger denken, mehr machen.

Wie bitte? Mit ‘nem verkohlten Stück Holz in 2 Stunden so ein (für mich) schwieriges Motiv erfassen? Auf die Plätze, fertig, los! Irgendwas kommt immer raus und so auch hier:

Ach du Sch****! Mit einem weißen Stift, der nicht mal radiert werden kann (adieu Netz und doppelter Boden), eben mal ratzfatz eine Zeichnung auf schwarzes Papier bringen?! Da kriegt man ja Knoten im Hirn. Denn üblicherweise malen wir auf weißem Papier, d. h. die Helligkeit ist schon da und wir fügen die Dunkelheiten hinzu, plötzlich ist es umgekehrt. Probier’s mal aus!

Nach den ersten Strichen war ich überzeugt, das wird nix, habe innerlich schon aufgegeben und dadurch wahrscheinlich auch komplett losgelassen. Eine Stunde später war ich positiv überrascht.

Trotz der nicht nur, aber immer wieder auch positiven Erfahrungen standen übrigens bei der nächsten neuen, unlösbar scheinenden Aufgabe wieder zweifelnde Gedanken vor der Tür. Ich habe mich daran gewöhnt, sie stören mich nicht mehr so und schaffen es immer seltener, mich in ein längeres, überkritisches Gespräch zu verwickeln.

Mit den Meinungen von außen ist es ähnlich, wie mit den Gedanken, bloß nicht zu viel Bedeutung beimessen, egal ob sie positiv sind oder negativ. Was natürlich nicht heißt, dass es mich nicht total freut, wenn etwas, das ich geschaffen habe, jemandem gefällt und Freude macht, also gerne her mit der positiven Verstärkung. 😉

Danke an dieser Stelle für all die lieben Kommentare und Nachrichten, die mich erreicht haben! Das tut uns allen gut, gerade wenn sich die Stimmung zwischendurch mal wieder auf Talfahrt befindet.

Eigenlob stinkt übrigens nicht, finde ich, deshalb ruhig auch mal dich selber loben, wenn du etwas geschafft oder geschaffen hast oder es auch nur versucht und dich einer großen Aufgabe mit Herz gestellt hast. Dazu muss es nicht super gelungen sein, nichts Großartiges, auch Dranbleiben, mutig sein und etwas wagen, dich einer Herausforderung stellen, deinem Traum folgen trotz Widerständen innen und außen, ein noch so kleiner Schritt in die richtige Richtung, das alles sind gute Gründe, sich auch mal selbst zu loben. Unser innerer Kritiker reißt oft genug ziemlich laut und uncharmant die Klappe auf, da kann doch ein Gegenspieler nicht schaden, oder?

Malen als Freizeitbeschäftigung/Hobby vs. Malen als Job und Beruf/ung

Es galt auch herauszufinden, ob ich wirklich jeden Tag mehrere Stunden malen kann und will, denn in meiner (noch fiktiven) Wunsch-Situation als Vollzeitkünstlerin, würde das zumindest zeitweise so sein. Und ja, ich kann und will das. Dazu muss ich viele alte Gewohnheiten ablegen und durch neue ersetzen, meine Malprozesse professionalisieren, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen und eben eine gute Arbeit zu machen.

Während ich sonst in der Mutmalerei den Fokus bewusst nicht auf das Ergebnis gelegt habe, ist das in dieser Phase der handwerklichen Weiterbildung natürlich erforderlich und auch in Ordnung, die kritische Brille aufzusetzen, um so viel wie möglich dazuzulernen.

Wenn ich nur für mich und den Prozess male, ist das etwas anderes, als wenn eine Arbeit von mir als Werkstück jemand anderem Freude machen soll, der dafür bezahlt. Na klar gebe ich dann mein Bestes, achte z. B. besonders auf die Qualität meiner Farben und sonstiger Materialien. Da wird für ein Bild eben nicht mehr einfach der Farbrest von der Palette benutzt, weil es nicht so drauf ankommt, sondern genau der Farbton frisch angemischt, den ich brauche. Dann besorge ich mir das richtige Werkzeug, statt den alten ausgefransten Pinsel zu benutzen, der auch irgendwie die Farbe auf die Leinwand bringt. Oder ich investiere eine weitere Arbeitsstunde für das letzte Finish, statt mich mit weniger zufrieden zu geben als ich eigentlich kann. Solche Dinge.

Ohne die mutmalenden Erfahrungen der letzten Jahre wären die letzten Monate so niemals möglich gewesen, es hätte mich gestresst, überfordert und alles, bloß keinen Spaß mehr gemacht. Auch jetzt fühle ich natürlich nicht immer, aber immer wieder und immer öfter Leichtigkeit, kann mir und dem Malprozess vertrauen, mich fallenlassen. Dazu hat die Herangehensweise ans Malen, wie du sie aus den Glücklichen Zufällen und meinen Blogartikeln kennst maßgeblich beigetragen.

Wie geht’s weiter?

Die Reise, der Weg einer Künstlerin, ist noch lange nicht (wahrscheinlich nie) zu Ende. Jetzt, wo die Grundlagen abgehakt sind und ein breiteres Fundament geschaffen wurde, werde ich mich vor allem damit beschäftigen, was und wie ich malen will. Herausfinden, wie die neu gewonnenen Erkenntnisse und Fertigkeiten in meinen Malprozess mit einfließen sollen. Meine geliebten Zufallstechniken werden wieder vermehrt zu Einsatz kommen. So wie bei der Untermalung für diesen Puma letzte Woche:

Ich male, male, male, male im Sauseschritt und bring die Liebe mit (hast du jetzt auch eine bestimmte Melodie im Ohr?) und hoffentlich auch bald viele Bilder und Mutmalereien, die Herzen bewegen und berühren. Mutimpulse, nicht nur in Text-, sondern auch in Bildform, die zu guten Gedanken, Gefühlen und Handlungen anregen. Die nicht nur dekorativ und hübsch anzuschauen sind, sondern eine echte Bereicherung und Unterstützung im Alltag, indem sie dem dazu passenden Betrachter etwas ganz Persönliches schenken und daran erinnern, was dir wichtig ist. Bei mir sind das besonders Tiere, Stille, innere Landschaften, die mir eine Art Refugium bieten zum Erholen und Kraft tanken, mich Verbundenheit spüren lassen.


In den nächsten Wochen und Monaten wird mein erstes Portfolio entstehen, die ersten vier Leinwände in bester Studioqualität wurden bereits geliefert und warten auf ihren Einsatz. Ich bin so gespannt, was dabei entstehen wird. Und schon während ich diese Zeilen tippe, höre ich schon wieder die o. a. Gedanken an die Tür klopfen…

Danke, dass du bis hierhin gelesen hast und mich dadurch ein Stück auf dem Weg begleitest. Ich habe beschlossen, einige Bilder aus den letzten Wochen, die „Übungen/Studien“, den Interessierten zu zeigen. Du kannst sie dir unten anschauen.

Oft wird nur das Ende einer Reise gezeigt, die Kirsche auf der Torte, ein scheinbar perfekter Moment. Ich möchte aber auch all die vielen kleinen und großen Schritte zeigen, die dafür nötig waren und sind, sie sind das Leben.

In einem Jahr bin ich wieder einige Schritte weiter und vielleicht geht es mir dann so wie jetzt, wenn ich auf Bilder zurückschaue, die ich heute vor einem Jahr oder früher gemalt habe. Ein bisschen peinlich berührt, aber hoffentlich auch stolz auf den Weg, den ich bis dahin Schritt für Schritt zurückgelegt habe.

Das wünsche ich dir auch für deinen Weg als KünstlerIn und auch auf anderen Lebenspfaden.

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Bildergalerie

Hier siehst du noch ein paar meiner „Meilensteine“ wie ich sie gerne nenne, die mir während der letzten Wochen und Monate auf meinem Weg begegnet sind. Jeder einzelne war mir ein guter Lehrer, nicht nur was die handwerkliche Seite betrifft. 😉

Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Öl auf Leinwand, 30×40 cm
Öl auf Leinwand, 30×40
Öl auf Leinwand, 30×40 cm
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Öl auf Leinwand, 60×80 cm
Mixed Media auf Malkarton (360 g/m²), 50×70 cm mit ca. 2 cm umlaufenden Weissrand für die Passepartoutoptik
Öl auf Leinwand, 30×40 cm
Mixed Media, 60×80 cm
Öl auf Leinwand, 50×70 cm
Öl auf Leinwand, 50×40 cm

Bleib gesund und bunter!

KATRIN

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Frank

    Dein Text hat mich berührt.
    Alle guten Wünsche mit auf den neuen Weg.

    1. Mutmalerei

      Danke, Frank, das wünsche ich dir auch auf dem deinen!

  2. Rita Hegland-Scherwey

    Liebe Katrin
    Bin total begeistert von deinen Bildern, es lebt, es funkelt… ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem sehr interessanten, mutigen Weg. Danke für dein offenes Schreiben und dein Vertrauen.
    Dein Workshop hat mir sehr viel Freude, Mut, Akzeptanz gebracht. Vielen, vielen Dank.

    Herzliche Grüsse
    Rita

    1. Mutmalerei

      Liebe Rita, vielen Dank und weiterhin frohes Mutmalen, damit noch mehr tolle Sachen daraus entstehen! Und damit meine ich nicht nur Bilder. 😉 LG, Katrin

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