Wolltest du schon immer mal Porträts malen, hast dich aber noch nicht ran getraut „aus Gründen“?
Ehrlich gesagt hat mich das Thema früher gar nicht interessiert und angesprochen. Vor einigen Wochen wollte ich es aber einfach mal ausprobieren mit ein paar neuen Ideen im Hinterkopf.
Mit den Grundgedanken und Erfahrungen aus der Mutmalerei lief es ganz anders als gedacht, erwartet, befürchtet.
Besser, leichter, entspannter, gar nicht so krampfig und anstrengend wie ich mir das vorgestellt hatte. Also nahm ich mir vor, in der Art gleich eine ganze Serie von 10 Porträts anzufertigen.
Dabei habe ich eine Herangehensweise und einen Weg für mich gefunden, bei dem ich einerseits frei, wild und gefühlsbetont agieren kann, mich aber trotzdem auch an Proportionen orientiere, ohne dass ich mich dadurch eingeschränkt oder überfordert fühle. Es ging mir dabei auch nicht darum, möglichst realistische Abbilder zu erschaffen, sondern das Wesen einer Person, so wie ich sie wahrnehme, zu erfassen und darzustellen. Falls das auch für dich interessant sein könnte, schau dir mal den neuen Minikurs an, den ich daraus entwickelt habe.
Hier sind die Steckbriefe meiner Porträts, es ist witzigerweise eine reine Mädelsrunde geworden. Nächstes Mal werde ich mir wohl mal einen Mann vornehmen.
1/10, „Grace“, 60 x 90 cm
Grace ist meine Nr. 1, also das erste Porträt, das ich gemalt habe, und schon deshalb für mich etwas Besonderes. Eigentlich sollte es ein einmaliges Experiment werden, aber die Begegnung mit ihr hat mich motiviert, tiefer ins Porträtmalen einzusteigen und weitere neun Porträts als persönliche Challenge malen zu wollen.
Grace ist eine leidenschaftliche und sinnliche Persönlichkeit, die durch ihr Temperament sanftmütig, aber auch aufbrausend sein kann.
Durch die vielen transparenten Schichten wirkt ihre Haut durchscheinend. Spürst du, wie stark, präsent und in sich ruhend Grace ist, trotz ihrer „Dünnhäutigkeit“?
Sei nicht so empfindlich, hat man oft zu ihr gesagt und es hat ein bisschen Lebenserfahrung gebraucht, bis sie verstanden hat, ihre Sensibilität zu nutzen, statt sie zu überspielen oder zu verstecken. Es ist ein Geschenk, wenn wir frühzeitig die feinen Signale unseres Körpers und Geistes spüren können und diese auch beachten. Grace möchte dich daran erinnern, dass es eine Stärke ist, wenn du dich auch mal verletzlich und sensibel zeigen kannst.
2/10, „Mary Anne“, 60 x 80 cm
Mary Anne kommt aus Wales und hat eine besondere Vorliebe für Eulen und das Mittelalter. Wie viele Briten bekommt sie mit ihrer rosig blassen Haut sehr schnell Sonnenbrand. Sie wirkt manchmal etwas gedankenverloren und verpeilt. In diesen Momenten ist sie meistens in ihre eigene Welt abgetaucht.
Bei meiner Nr. 2 habe ich einen dunklen Hintergrund verwendet, was ich nicht empfehlen würde, weil die transparenten Schichtungen dann nicht so gut funktionieren. Es bleibt insgesamt eher dunkel und man muss sehr deckend arbeiten für die Helligkeiten. Das ist im Prinzip nicht schlimm, aber dabei gehen die Texturen und Kritzeleien aus dem Untergrund verloren, die ich so besonders mag.
3/10, „Roxy“, 40 x 60 cm
Roxy ist eine freche und humorvolle Freundin zum Pferde stehlen. Wenn du ihr von deinen verrückten Ideen erzählst, bei denen andere nur den Kopf schütteln oder die Augenbrauen hochziehen, ist Roxy sofort begeistert, unterstützt und motiviert dich zum Ausprobieren. Roxy ist präsent ohne laut zu sein und sehr authentisch. Eine Qualität, die ich an Menschen sehr schätze, du auch?
4/10, „Claire“, 50 x 70 cm
Die wohlerzogene, französische Claire ist gerade dabei, sich selbst neu zu entdecken. Nicht mehr automatisch nur das tun, was „man“ eben so tut, sondern ihre eigenen Bedürfnisse und Vorlieben erkunden und erleben. Sie ist noch etwas scheu und unsicher, weil das alles für sie Neuland ist. Manchmal ist sie auch traurig, dass es so lange gedauert hat, bis sie sich endlich mal gefragt hat: Was will ich eigentlich? Aber sie spürt auch immer öfter diese innere Kraft und freut sich auf alles, was noch kommt und jetzt möglich ist.
5/10, „Helena“, 50 x 70 cm
Helena wirkt manchmal etwas unterkühlt und unnahbar, was aber nur daran liegt, dass sie gelernt hat, ihr Herz nicht auf der Zunge zu tragen und ihre Gefühle stark zu kontrollieren. Sie kommt aus einer adligen Familie. Dort war es wichtig, immer Haltung zu bewahren und im Außen nicht negativ aufzufallen oder gar aus der Reihe zu tanzen. Helena ist sehr klug, stark und eine eher ernsthafte Persönlichkeit.
Wenn ihr etwas sehr wichtig ist, kämpft sie dafür, früher meistens für andere, inzwischen auch für sich selbst. Als Freundin ist sie ein Fels in der Brandung, die Ruhe vor (und in) dem Sturm, die unerschütterlich an deiner Seite steht und an der du dich festhalten kannst.
6/10, „Catharina“, 60 x 90 cm
Catharina mit C und H erscheint wie ihr Name etwas kompliziert und es gibt Erklärungsbedarf. Dieses ständige sich erklären müssen, um besser verstanden zu werden, ist anstrengend und kostet Kraft, deshalb umgibt sie sich lieber mit Tieren. Mit denen kann sie einfach entspannt sein, so wie sie ist. Besonders die ebenso eigensinnigen Katzen haben es ihr angetan, deshalb war schnell klar, dass eine mit aufs Bild muss.
7/10, „Hope“, 40 x 60 cm
Bei Hope ist der Name Programm, deshalb richtet sie den Blick auch hoffnungsvoll gen Himmel. Hofft auf Lösung und Beistand im Außen, dabei liegt ihre größte Stärke in ihr selbst. Während unseres Zusammenseins habe ich versucht, sie daran zu erinnern. Wir haben viel über das Thema innere Kraft und Selbstvertrauen gesprochen und daran erinnert mich jetzt wiederum ihr Anblick.
8/10, „Robin“, 50 x 60 cm
Bei der ersten Begegnung kennt man sich ja noch nicht. Zunächst sah ich deshalb – wie auch bei den anderen der Mädelsrunde – nur eine Frau vor mir. Eine Frau mit einem Vogel auf der Schulter. Irgendwann während unseres Beisammenseins im Laufe der Malstunden erzählen sie mit jedem Strich ein Stück mehr von sich, auch ihren Namen. Ihren Namen habe ich erst spät empfangen, obwohl ich schon früh wusste, dass es mit ihrem Krafttier, dem Rotkehlchen auf ihrer Schulter zusammenhängt.
Fällt der Groschen schon? Robin ist der englische Begriff für Rotkehlchen. Diese Vögel sind sehr territorial, haben eine große Stimmvielfalt und können sogar den Gesang anderer Vögel nachahmen. Was wir wohl von Robin und/oder dem Rotkehlchen lernen können?
Vielleicht wie man kommuniziert, sich klar ausdrückt und Grenzen setzt. Manche sagen auch, der rote Brustfleck sei ein Zeichen bzw. Erinnerung daran, unsere Empfindungen zum Ausdruck zu bringen, endlich Farbe zu bekennen und deutlich mitzuteilen, was uns im Herzen bewegt.
9/10, „Die Eulenfrau“, 100 x 100 cm
Nr. 9 hat keinen Namen (zumindest hat sie ihn mir nicht verraten), alle kennen sie nur als „die Eulenfrau“. Sie hat eine wilde Seite und lebt diese auch in vollen Zügen aus. Wild steht hier für Naturverbundenheit, aber auch für Fantasie, Verspieltheit und Abenteuerlust. Voller Neugier auf das Leben, probiert sie einfach aus und geht mutig voran, wo andere zögernd und zweifelnd auf der Stelle verharren.
10/10, „Liv“, 40 x 60 cm
Liv ist ein nordischer Name, er bedeutet Leben und wird auch mit Verteidigung und Schutz verbunden. Liv ist stark und feinfühlig, andere zarte Wesen wie der Kolibri fühlen sich in ihrer Gegenwart sicher, geborgen und beschützt. Wer länger mit ihr zusammen ist wie ich beim Malen, spürt diese Aura und kann zur Ruhe kommen.
Lust bekommen, dich auch mal an intuitiven Porträts zu versuchen? Ich bin gespannt, wie deine aussehen werden, die du mit dem Minikurs erschaffen wirst!
Liebe Katrin, nachdem ich nun bestimmt schon seit 10 Minuten „Mary Anne“ aus Wales betrachte und sie einfach beeindruckend finde, schreibe ich Dir. Dieses Porträt ist wunderbar. Vielleicht ist es für Dich gar nicht wichtig, wie Andere, z. B. ich, Deine Portraits finden. So geht es mir seit einiger Zeit. Zu Beginn habe ich alle meine Bilder der Familie und meinen Freundinnen gezeigt und mich gefreut, wenn sie Ihnen gefallen haben. Das ist inzwischen immer unwichtiger. Vielleicht geht es Dir ähnlich..? Ich lese gerade „Die Unbändigen“ und dieses Porträt erinnert sich an eine der Hauptpersonen.
Liebe Grüße von der stürmischen und sonnenhellen Nordsee, Karin
Hallo Karin, danke für deine lieben Zeilen. Ja, da geht es mir ähnlich. Gefallen im klassischen Sinn ist natürlich auch schön zu hören, aber am meisten freue ich mich, wenn ein Bild nicht nur zu mir, sondern auch zu jemand anderem spricht, berührt, bewegt, seine Geschichte erzählt (das muss nicht dieselbe sein wie bei mir) und im Idealfall sogar die Kraft hat, positive Gedanken und Handlungen bei dieser Person anzustoßen. Das Buch kenne ich nicht, habe aber mal in die Inhaltsangabe gelinst. Mary Anne hat auch nach meinem Empfinden viele Gemeinsamkeiten mit den Weyward-Frauen, kann das sein? 😉 Falls du Interesse am Bild hast, melde dich einfach per E-Mail bei mir, ich würde mich freuen, wenn sie ein Zuhause bekommt, wo sie gesehen und verstanden wird (kontakt@mutmalerei-katrin-uffelmann.de). Liebe Grüße zurück an die Nordsee, da wäre ich jetzt auch gerne (habe praktisch immer Meerweh), gerade wenn sie stürmisch ist. Katrin