Morgenseiten schreiben und Morgenmalen, für mich die ideale Morgenroutine

Der Wecker klingelt und reißt dich jäh aus deinem wirren Traum. Bereits ehe du richtig wach und in der Realität angekommen bist, schlurfst du schon Richtung Badezimmer und überlegst, was du heute alles zu tun hast. Die Zahnbürste noch im Mund erledigst du vielleicht schon nebenbei die ersten Handgriffe und flitzt, bevor du es richtig bemerkt hast, bereits im alltäglichen Hamsterrad herum.

Stopp!

Früh am Morgen, wenn der Tag noch jung und die Welt da draußen noch ruhig ist, ist ein guter Moment, um dich mit dir und deiner Kreativität zu verbinden. Erst mal ankommen, den Kopf frei machen und bewusst entscheiden, wie du den Tag heute gestalten und dich fühlen willst. Deinen inneren Kompass ausrichten, wie auch immer du es nennen möchtest. Dafür taugen die Morgenseiten.

Morgenseiten schreiben – Aller Anfang ist schwer?

Seit einigen Monaten starte ich mit Morgenseiten, manchmal kombiniert mit Morgenmalen, in den Tag. Anfangs musste ich mich dazu ordentlich aufraffen und die Annahme überwinden, dafür sei keine Zeit und es gebe Wichtigeres zu tun. Alles Blödsinn, den der innere Schweinehund, dieses fiese Gewohnheitstier, uns erzählen will. Gewohnheiten ändern ist sowieso ein Thema für sich.

Ich weiß, es ist genug Zeit da für die Dinge, die mir am Wichtigsten sind, deshalb habe ich dem Projekt Morgenseiten/Morgenmalen einfach mal eine höhere Priorität eingeräumt und schon klappt es mit der neuen Morgenroutine.

Erstens dauert es gar nicht so lange wie befürchtet (ca. eine halbe Stunde) und zweitens kann ich, wenn es denn wirklich nötig sein sollte, einfach eine bisschen früher aufstehen.

Bevor du jetzt fluchtartig diese Seite verlässt, weil hier was von früher aufstehen steht, keep cool. Du musst gar nix und das ist nur eine Option, um Zeit und Raum für dich zu finden. Vielleicht findest du für dich eine bessere.

Warum ich nach Versuch und Irrtum die Morgenseiten tatsächlich auch morgens schreibe

Als ich mit den Morgenseiten anfing, gab es keinen fixen Zeitpunkt dafür. In den Büchern dazu, die ich gelesen hatte, stand zwar, warum es wichtig ist, am besten morgens direkt nach dem Aufwachen zu schreiben, aber ich wollte die Schreibübung spontan in den Tag einbauen, wie es mir gerade am besten passt und aus den Morgenseiten wurden oft Mittag- oder Abendseiten.

Schnell habe ich gemerkt, dass es so für mich nicht funktioniert. Flexibilität klingt erst mal gut, aber gefühlt passte es dann im Verlauf des Tages nie so richtig rein und wurde dann entweder gehetzt zwischen Tür und Angel oder hundemüde vor dem Bettgehen erledigt. Das Ganze war nur ein weiterer Punkt auf meiner ohnehin schon zu langen To-Do-Liste. Stress pur statt Qualitätszeit für mich. Eine Gewohnheit stellte sich so natürlich auch nicht ein.

Außerdem habe ich festgestellt, dass es nachmittags oder abends in meinen Zeilen fast nur um eine kurze Zusammenfassung des Tages ging: Was habe ich wann gemacht, worüber habe ich mich geärgert/gefreut, was habe ich erlebt? Morgens hingegen spielten andere Themen die Hauptrolle. Ich schrieb darüber, was ich Verrücktes geträumt habe, wie ich geschlafen habe, wie ich mich fühle, worauf ich Lust habe und wie ich meinen Tag gestalten will. Weniger sachliche Fakten, dafür mehr Gefühle, näher bei mir sein und eine angenehme Ruhe im Kopf.

Beides hat einen Nutzen, aber da es mir vor allem um Letzteres geht, schreibe ich die Morgenseiten nun jeden Morgen entweder noch im Bett direkt nach dem Aufwachen oder nach dem Frühstück, bevor das Tagewerk (inkl. E-Mails und Social Media checken) beginnt.

Morgenseiten schreiben – Wie geht das?

Bei den Morgenseiten schreibst du mit der Hand völlig unzensiert und frei nieder, was dir durch den Kopf geht. Vielleicht denkst du jetzt, mir fällt da bestimmt nichts ein, dann schreibst du eben „mir fällt bestimmt nichts ein, keine Ahnung, was ich schreiben soll,…“. Vielleicht schreibst du das auch mehrmals hintereinander, aber keine Sorge, irgendwann kommt dir auch wieder etwas anderes in den Sinn, versprochen.

„Mist, es regnet, nachher wollte ich doch die Wäsche raushängen. Ist eigentlich noch Puderzucker da? Sowieso keine Lust zum Kuchen backen. Auf Kuchen essen schon. Kann ja zum Bäcker gehen und mir was besorgen. Ach, da drüben liegt das Buch, was ich neulich gesucht habe. Ich würde gerne häufiger lesen. Da hätte ich gerade mehr Lust drauf, als dieses Zeug hier zu schreiben. Voll anstrengend. Zu viel ist anstrengend, sogar im Traum. Ich musste irgendwie schnell den Flieger erwischen, dann war mein Koffer nicht da, ich bin durch endlose Gänge geirrt und habe das Gate nicht gefunden und die Abflugzeit rückte immer näher. Hach, mal wieder wohin fliegen wäre schon schön, auf die Malediven vielleicht. …“

Es muss nicht sinnhaft, interessant oder besonders bedeutsam sein was du schreibst. Es spielt keine Rolle, ob grammatikalisch richtige Sätze entstehen oder die Zeichensetzung und Rechtschreibung stimmen. Oft sind es sprunghaft hingekritzelte Satzfetzen. Du kannst also gar nichts falsch machen.

Fülle einfach nur die Seiten mit Worten. Schaue dabei nicht zurück auf das bereits Geschriebene und bewerte nicht, was aus dir heraus kommt.

Wenn die Seiten gefüllt sind, lege sie einfach zur Seite, ohne sie nochmal zu lesen. Wenn die Morgenseiten nach einigen Wochen zur Gewohnheit geworden sind, spricht nichts dagegen, mal in den alten zu blättern, aber das ist gar nicht nötig, um Erkenntnisse über dich zu gewinnen. Durch die tägliche Wiederholung merkst du mit der Zeit, was immer wieder auftaucht und dich beschäftigt oder berührt.

Wie viele Seiten sollen geschrieben werden?

Das Thema Schreiben am Morgen ist mir vor Jahren erstmals in dem Buch „Schriftsteller werden“ von Dorothea Brande* begegnet.

Dort ist zu lesen: „Beginnen Sie sobald wie möglich, ohne sich vorher zu unterhalten und ohne die Zeitung zu lesen oder das Buch auf Ihrem Nachttisch zu Hand zu nehmen, mit dem Schreiben… Schreiben Sie, solange Sie Zeit haben, oder bis sie das Gefühl haben, Ihren Kopf gründlich entleert zu haben. Am nächsten Morgen wiederholen Sie die Prozedur – ohne zu lesen, was Sie am Vortag geschrieben haben…“ Nach ein paar Tagen, wenn ich herausgefunden habe, wie viele Wörter ich mühelos schreiben kann, soll ich doppelt so viel zu Papier bringen wie am ersten Morgen. Dann darf ich das Arbeitspensum etwas drosseln, es solle aber über dem des ersten Morgens liegen.

Damals habe ich diese Übung ehrlich gesagt als sinnlosen Quatsch abgetan und bin nicht mal auf die Idee gekommen, sie in die Tat umzusetzen.

Viele Jahre später las ich wieder davon in „Der Weg des Künstlers“ von Julia Cameron*. Hier bekam diese Schreibübung zum Finden und Fördern der eigenen Kreativität einen Namen: Morgenseiten, „drei ohne Abkürzungen vollgeschriebene Blätter, die streng dem Bewusstseinsstrom folgen“. Sie sollen den Kopf frei machen von all dem Zeug, was unseren Tag überlagert und zwischen uns und unserer Kreativität steht.

Inzwischen hatten Kreativität und die Mutmalerei bereits einen festen Platz in meinem Leben und diesmal fiel die Idee des morgendlichen Schreibens auf fruchtbaren Boden. Ich konnte den Nutzen erahnen und inzwischen auch spüren, deshalb habe ich es beibehalten und möchte es auch teilen. Vielleicht kommt das Thema jetzt gerade bei dir zum richtigen Zeitpunkt und du kannst von einem kleinen Anschubser profitieren.

Ich bin übrigens bei einem Umfang von drei Seiten (nicht Blätter) gelandet, das hat sich für mich als richtig herausgestellt.

Morgenmalen

Das intuitive Malen am Morgen kam bei mir noch vor dem Schreiben und die guten Erfahrungen damit haben mir geholfen, die Wörter einfach fließen zu lassen wie sonst die Farben. Möchtest du mal ins intuitive Malen reinschnuppern? Dann lade ich dich herzlich ein, bei meinem Online Workshop (für 0 €) mitzumachen.

Im Grunde habe ich es bei intuitiven Morgenmalen genauso gehandhabt wie jetzt auch beim Schreiben. Ich greife intuitiv zu Papier, Stiften und Farben und fange einfach an, ohne Plan und Ziel. Ich spüre in mich rein, wie es mir gerade geht und meine Handbewegungen hinterlassen sichtbare Spuren auf dem Papier. Keine Ahnung, wo es mich hinführen wird, und es ist auch egal, weil das Ergebnis selbst sowieso keine Rolle spielt. Durch Wahl der Malmittel, Linienführung, Farbe & Form, dynamische oder zarte Bewegungen, mehr oder weniger Druck eines Bleistifts beim Zeichnen, mit all dem können wir uns auch ohne Worte ausdrücken.

Auch wenn es nicht das Ziel der Übung ist, entstehen dabei doch sehr persönliche und spannende Werke, die etwas in dir auslösen und dich auf gute, konstruktive Gedanken bringen können.

Das intuitive Malen und Schreiben lässt sich sehr gut verbinden. Wenn ich etwas mehr Zeit zur Verfügung habe oder noch tiefer in meine kreative Auszeit eintauchen möchte, kombiniere ich beides und illustriere meine Morgenseiten. Oder ich greife ein bestimmtes Wort oder einen Satz der Morgenseiten auf und male dazu ein Bild. Wenn ein zentrales Thema beim Schreiben auftaucht, was mich auch nach Fertigstellung der Morgenseiten noch beschäftigt, greife ich es manchmal bei einer anderen kreativen Schreibübung direkt wieder auf und führe es weiter. 

Eine weitere Übung zum kreativen Schreiben, die ich gerne im Anschluss an die Morgenseiten nutze:

Nehmen wir mal an, bei den Morgenseiten ging es immer wieder um Grenzen. Dann reiße ich eine Seite aus einem alten Buch, lese sie einmal von oben bis unten durch und markiere während des Leseflusses alle Wörter, Sätze oder Satzteile, die ich irgendwie mit dem Hintergrundthema Grenzen assoziiere. Dabei muss nicht klar sein, warum und weshalb das so ist.

Ich denke dabei nicht nach, sondern versuche, auf die mal leise, mal lautere Stimme meiner Intuition zu hören, auf mein Bauchgefühl. Wenn der Impuls kommt, dass es passt, wird es markiert und es geht einfach weiter im Text. Dann schneide ich alle Wörter/Sätze aus, die ich markiert habe, und schiebe die Wortschnipsel auf dem Tisch hin und her, bis sich der so entstandene Text stimmig anfühlt.

Wie beim Malen findet sich am Ende alles auf wundersame Weise und es entstehen oft sehr spannende und tiefsinnige Texte, mit denen ich als Urheberin und Gestalterin viel anfangen kann. Wahrscheinlich, weil sie auf Grundlage meiner tiefen Gefühle, Gedanken und innerer Weisheit entstanden sind und mich dadurch treffend widerspiegeln. Ich verstehe sie und sie verstehen mich. 

Wenn du Freude an solchen Wortspielen hast, findest du im Beitrag „Art Journal auf Buchseiten“ noch mehr Inspiration.

Mein persönliches Fazit zum Thema Morgenseiten schreiben

Morgenseiten schreiben und Morgenmalen ist Qualitätszeit nur für dich.

Es spricht viel dafür, es morgens direkt nach dem Aufwachen zu tun, aber das Wichtigste ist, dass du dir diese Zeit nur für dich überhaupt erlaubst und sie dir auch regelmäßig nimmst.

Du kannst dabei keine Fehler machen.

Nutzen und Mehrwert der Morgenseiten oder des Morgenmalens erschließen sich nicht sofort nach dem ersten Mal, deshalb gib dir und dem Projekt eine echte Chance und mindestens 6 Wochen Zeit.

Intuitives Malen und Schreiben lässt sich wunderbar verbinden.

Täglich Morgenseiten schreiben ist geeignet für alle, die gerne wieder stärker in Verbindung mit sich selbst kommen möchten und damit auch mit ihrer Intuition und Kreativität. Blockaden überwinden, wieder in den Flow kommen, Selbsterkenntnisse gewinnen, den inneren Kritiker überwinden, den Kopf frei machen, zu all dem können die Morgenseiten einen Beitrag leisten. 

Wenn du gerne schreibst, mit Worten spielst oder es einfach mal ausprobieren möchtest, leg dir dein Schreibzeug auf den Nachttisch und fang am besten gleich morgen früh damit an.

Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen mit den Morgenseiten und/oder dem Morgenmalen.

Viele Grüße und nur Mut!

Katrin

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