Klangbilder – Musik malen

Intuitives Malen ist ein Mittel zum Ausdruck unserer Gefühle und unserer Wahrnehmung, mit der Musik verhält es sich ebenso. Warum also nicht mal beides kombinieren? Das Ganze funktioniert in beiden Richtungen, ein Bild kann uns zu einer Melodie inspirieren oder umgekehrt.

Da wir uns in der Mutmalerei befinden und mir das Malen mehr liegt als das Komponieren, soll es hier darum gehen, wie sich Musik bildnerisch umsetzen lässt. Keine Sorge, du brauchst kein Synästhetiker zu sein, damit das gelingt. 

WAS IST SYNÄSTHESIE?

Der Begriff Synästhesie kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Vermischung der Sinne“ oder „zugleich wahrnehmen“. Es handelt sich dabei um ein neurologisches Phänomen, eine besondere Wahrnehmungsfähigkeit, bei der die Betroffenen einen Sinnesreiz gleich über mehrere Sinne wahrnehmen. Sie können zum Beispiel Farben nicht nur sehen, sondern auch hören oder Töne nicht nur hören, sondern auch schmecken.

Klingt das für dich verrückt, oder gehörst du vielleicht sogar zu den ca. 4 % der Menschen, die eine Synästhesie haben? Der berühmte Maler Wassily Kandinsky war übrigens ein Synästhetiker, schau dir mal seine Bilder an. Wenn du das Thema spannend findest, kannst du dich auf den Seiten der Deutschen Synästhesie Gesellschaft e. V. darüber genauer informieren.

WIE FUNKTIONIERT MUSIK MALEN UND WAS PASSIERT DABEI IM KOPF?

Zurück zu unserem Projekt „Musik malen“. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Wir können Musik hören und während des Hörens gleichzeitig Malen. Oder erst ein Lied in Ruhe anhören, uns hinein fühlen und im Anschluss unsere Gefühle und inneren Bilder dazu zu Papier bringen. Ich werde zu beiden Varianten etwas sagen, probiere einfach aus, was für dich besser passt.

Wenn wir Musik hören, hat unser Gehirn so einiges zu tun:

Es filtert die Musik aus den Umgebungsgeräuschen heraus, erkennt Rhythmen und Harmonien und setzt die Melodie aus den einzelnen Tönen zusammen.

Das Langzeitgedächtnis sorgt für die Wiedererkennung uns bekannter Lieder und lässt uns in Erinnerungen schwelgen. Bestimmt kennst du auch den ein oder anderen Song, der dich sofort in eine erlebte Situation zurück versetzt und mit starken Emotionen verknüpft ist.

Die motorischen Zentren sorgen für Bewegung, lassen uns zur Musik klatschen, tanzen oder mit den Füßen wippen.

Das Belohnungszentrum schüttet das Glückshormon Dopamin aus.

KLANGBILDER MALEN – AUGEN ZU UND DURCH

Das alles kannst du dir beim Malen von Klangbildern zunutze machen. Beim Malen gleichzeitig zur Musik würde ich dir empfehlen, es blind mit geschlossenen Augen zu tun. Das macht es leichter, sich tief einzufühlen und alles andere auszublenden. Außerdem grätscht unser innerer Kritiker nicht ständig dazwischen und bewertet, was wir da zu Papier bringen.

Es geht beim Musik malen wie beim intuitiven Malen generell nicht darum, besonders schöne Ergebnisse zu produzieren, sondern um den Ausdrucksprozess während des Malens. Es entstehen dabei interessante Assoziationsketten, spannende Gedankengänge und nützliche Erkenntnisse, wenn du das Ganze auch zur Selbstreflektion nutzt.

Die Übung ist für Erwachsene und Kinder geeignet, um neben dem kreativen Ausdrucksvermögen Konzentration, motorische Fähigkeiten, sowie auditive und visuelle Wahrnehmung zu fördern. Abgesehen davon macht es einfach Spaß, sowas hätte ich mir früher im Kunstunterricht gewünscht.

ANLEITUNG ZUM MUSIK MALEN – HÖREN UND MALEN GLEICHZEITIG

Sorge dafür, dass du ungestört bist, damit du hemmungslos malen kannst, oder alternativ dass alle mitmachen.

Wähle ein großes Papier-/Leinwandformat und arbeite am besten an der Wand im Stehen, damit du dich möglichst frei bewegen und aufkommende Moves direkt in Form von Spuren auf Papier oder Leinwand übertragen kannst. Auf einem Tisch geht auch noch ganz gut.

Schalte die Musik an. Ich bevorzuge es laut, wenn die Bässe körperlich zu spüren sind. Am leichtesten fällt die Übung, wenn du ein Lied wählst, was für dich mit besonderen Erinnerungen verknüpft und stark emotional besetzt ist.

Nimm dir in jede Hand was zum Malen, z. B. Pastellkreide oder weiche Graphitstifte, damit du beidhändig malen kannst.

Stell dich vor deine Leinwand, schließe die Augen und warte ab, welche Impulse kommen. Du kannst die rhythmischen Tanzbewegungen aufgreifen oder aufkommende Gefühle und innere Bilder zum Ausdruck bringen. Alles, was kommt, ist gut und richtig, so wie es ist. Vertraue deinem Schaffensprozess, vertraue dir!

Wenn das Lied zu Ende ist, kannst du noch etwas nachspüren und –malen, bis die letzten Töne und Impulse verklungen sind.

Öffne die Augen und lass dich überraschen, was entstanden ist. Wenn du magst kannst du das Bild noch weiter ausgestalten.

Wenn du das Bild aufheben möchtest, notiere das Datum und den Musiktitel, damit du das später  immer wieder nachvollziehen kannst.

ANLEITUNG ZUM MUSIK MALEN – ERST HÖREN, DANN MALEN

Lege Malsachen deiner Wahl bereit.

Starte die Musik, nimm eine entspannte Hörhaltung ein und schließe die Augen, damit du nicht durch visuelle Reize abgelenkt wirst und dich ganz auf die Töne konzentrieren kannst. Ich setze mich dazu gerne an einen Tisch, lege meine Arme vor mich auf die Tischplatte und meinen Kopf bequem auf die Unterarme.

Lass die Musik auf dich wirken. Welche Gefühle, Gedanken und Bilder kommen während des Hörens in dir hoch? Ist eine Geschichte im Kopf entstanden?

Wenn das Lied verklungen ist, bringe all das auf die Papier oder Leinwand. Versuche, nicht nur mit Symbolen zu arbeiten (Gefühl von Traurigkeit – weinendes Auge, Träne), sondern mit deinen persönlichen Assoziationen deine eigene Bildsprache zu entwickeln (z. B. Traurigkeit – Sumpf – zieht runter – Enge – es entsteht spontan ein braunes V). Arbeite zügig und intuitiv, nicht zu viel denken, nicht bewerten.

Wenn du das Bild aufheben möchtest, notiere das Datum und den Musiktitel, damit du das später  immer wieder nachvollziehen kannst.

ENTSTEHUNGSPROZESS EINES KLANGBILDES

Dieses Klangbild ist zu dem Titel “Samba pa ti” von Santana entstanden.

Ich habe mit einem weichen Graphitstift* (9B) in jeder Hand blind begonnen. (Bild 1)

Im nächsten Schritt wurden Konturen, die mir ins Auge gesprungen sind, mit einem wasserlöslichen schwarzen Fasermaler* verstärkt und einige Flächen mit Aquarell-Buntstiften* ausgemalt. (Bilder 2 und 3)

Zum Schluss habe ich mich noch Acrylfarben* etwas ausgetobt. (Bild 4)

Während des Malens und Reflektierens fiel auf, dass sich die Figuren alle im Randbereich befinden. Auf einer Tanzbühne ist das ähnlich, dachte ich mir. Zunächst traut sich keiner, den Anfang zu machen, um nicht im Mittelpunkt zu stehen. Sobald jemand mutig genug ist, gesellen sich nach und nach weitere Tänzer dazu, erst dann geht die Party so richtig los. Ich habe überlegt, dass ich auch zu der Fraktion gehöre, die nicht gerne den Anfang macht. Aber genug zu meinen Gedankengängen, the stage is yours! 🙂

Ich wünsche dir viel Spaß beim Ausprobieren und freue mich, wenn du mich über die üblichen Kanäle mal kontaktierst und von deinen Erfahrungen mit den Klangbildern berichtest.

Viele Grüße aus der Mutmalerei!

Katrin

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