Décalcomanie

In den letzten Tagen hat mich die Décalcomanie voll erwischt, ich habe quasi eine „décalcomanische Phase“. Meine Begeisterung für Zufallstechniken beim Malen, zu denen auch die Décalcomanie gehört, habe ich ja bereits in einem meiner früheren Blogartikel zum Ausdruck gebracht.

 

Kürzlich ist mir dann ein alter Zeichenblock mit recht glattem, wenig saugendem Papier in die Hände gefallen und ich habe mich darüber geärgert, dass die Schrift auf dem Papier so lange braucht bis sie trocknet und ständig verschmiert. Zum Beschreiben nicht geeignet wollte ich den Block aber nicht wegwerfen und so kam ich auf die Idee, mich mal wieder in der Décalcomanie zu versuchen, weil das mit glattem Papier gut funktioniert. Und schwups war der halbe Block vollgekleckst und über eine Stunde vergangen wie im Flug. Ein klares Zeichen dafür, dass mich der Flow mal wieder mitgerissen hat, ganz unbemerkt. Es war herrlich, mal wieder so richtig abzutauchen in das kreative Tun und mich in all die teils märchenhaften Abziehbilder zu vertiefen, die dabei entstanden sind. 

 

Eine zauberhafte kleine Landschaft.

Was ist Décalcomanie und wie geht das?

 

Décalcomanie ist eine Art Farbabklatschverfahren und gehört in den Bereich der Monotypien, ohne dass aber gezielt ein bestimmtes Motiv dargestellt werden soll. Stattdessen gestalten der Zufall und das Unterbewusstsein des Künstlers durch die spätere Ausgestaltung das Bild. Der surrealistische Maler und Bildhauer Max Ernst hat beispielsweise einige interessante Décalcomanien geschaffen.

 

Nasse Farbe wird mit einem Pinsel in unterschiedlichen Stärken auf einen glatten Untergrund aufgetragen. Dann legt man einen Papierbogen darüber und drückt, reibt, wischt oder kratzt mit der Hand oder einem Gegenstand darüber, solange die Farbe noch feucht ist. Alternativ kann man das Papier auch falten (= Klecksographie, wie man es aus Bildern des Rorschachtests kennt). Wenn das Deckblatt dann mit einem Ruck nach oben wieder von der Unterlage abgezogen oder aufgefaltet wird, entstehen sehr spannende Strukturen, deren Ausdeutung nun ganz im Auge des Betrachters liegt. Das Ganze kann mehrfach wiederholt werden. Bei mehreren Abziehvorgängen nacheinander empfiehlt es sich, das Bild zwischenzeitlich zu trocknen, wenn ein Klecks besonders gut gelungen ist und gefällt, damit man die Strukturen im nächsten Durchgang nicht wieder zerstört.

 

Fernweh.

Der spannendste Moment ist für mich der, wenn nach dem Abziehen des Deckblattes erstmals der Blick auf das zufällig entstandene Motiv trifft und vor unserem Auge märchenhafte Landschaften, phantastische Welten und die merkwürdigsten Figuren auftauchen. Diese gilt es dann sichtbar zu machen auf ganz persönliche Art und Weise, sei es mit Fineliner, mit Lasuren oder indem du den Hintergrund übermalst.  Deine Stimmung, Persönlichkeit, Erfahrungen, Gefühle, Erwartungen, Phantasie, das alles fließt in diesen Gestaltungsprozess mit ein. Deine ganze eigene Interpretation der Farbkleckse. 

 

Erst konnte ich mit den flächigeren Strukturen nicht so viel anfangen, aber auf den zweiten Blick habe ich diese traurige Szene in dem Farbklecks entdeckt. Was sich mir offenbart, mache ich spontan sichtbar, unabhängig davon, ob es "schön" ist.

Probiere es einfach mal aus mit einer nassen Farbe deiner Wahl. Ich arbeite am liebsten mit Acrylfarben, Aquarell- und Wasserfarben sind hierfür aber auch geeignet. Wenn du eher wolkenartige, weiche Strukturen magst, arbeite etwas feuchter. Beim Einsatz von weniger Wasser entstehen klarere, stärker abgegrenzte und kleinteiligere Strukturen. Nutze ein möglichst glattes, nicht stark saugendes Papier, mit Yupo funktioniert das z. B. wunderbar. Aber bevor du es gar nicht ausprobierst, weil du nicht die Lust oder das Geld hast, um extra neue Materialien anzuschaffen, nimm einfach das, was du da hast oder günstig und schnell besorgen kannst. Hauptsache machen!

 

Noch eine Landschaft mit Gipfelkreuz.

Zufälle sind unvorhergesehene Ereignisse, die einen Sinn haben.

(Diogenes von Sinope, um 400-323 v. Chr.)

 

Ein Riesenohrkaninchen. :-)

Vorsicht, der Suchtfaktor ist echt hoch! Aus den entstandenen kleinen Kostbarkeiten lassen sich wunderbar Postkarten, Tischkarten, o. ä. gestalten. Schön gerahmt mit Passepartout, evtl. als kleine Serie mit ähnlichen Farben und Motiven, sind die Décalcomanien auch ein tolles, individuelles Wohnaccessoire.

 

Viel Vergnügen beim Ausprobieren und nur Mut! Alle, die sich für diese Art des Malens begeistern können und an kreativem Austausch interessiert sind, sind herzlich in geschlossene Facebook-Gruppe der Mutmalerei eingeladen.

 

Herzliche Grüße!

 

Katrin

 

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