Menschenscheu? Was du gegen soziale Ängste tun kannst.

 

Wie einige von euch sicherlich bemerkt haben, gab es vor Kurzem eine kleine Umfrage meinerseits, um herauszufinden, in welchen Bereichen ihr euch mehr Mut wünscht. Alle Antworten – herzlichen Dank dafür! – hatten damit zu tun, vor oder mit anderen Menschen zu sprechen. Es geht also um soziale Ängste. Das klingt jetzt dramatischer als es ist und handelt sich nicht gleich um eine ausgeprägte Phobie, nur wenn du dich in Gegenwart anderer Menschen manchmal etwas ängstlich, schüchtern, unsicher, scheu, gehemmt oder einfach unwohl fühlst, du nicht weißt, wie du ein Gespräch anfangen sollst, dich nicht traust, deine Meinung zu vertreten oder eine Rede vor Publikum zu halten. Solche Ängste sind total normal und die meisten – mich eingeschlossen - kennen das aus eigener Erfahrung.

 

Wie bei anderen Ängsten gilt auch hier, dass die Angst nicht von alleine verschwindet und sich in Wohlgefallen auflöst. Die gute Nachricht: Soziale Ängste sind erlernt und können somit auch wieder verlernt werden. Wenn die Angst dich nervt, dir beim Erreichen deiner Ziele im Weg steht oder du einfach jemand sein möchtest, der sich in sozialen Situationen nicht mehr so schlecht fühlt und ihnen gelassen begegnen kann, zeige Mut (= Machen Und Tun), stelle dich deiner Angst und lasse dich in deinem Handeln nicht von ihr leiten. Nur dann wird sie immer kleiner werden und irgendwann sogar ganz verschwinden. Du entscheidest durch dein Verhalten wie du mit deinen Ängsten umgehst, ob du sie weiter nährst, hegst und pflegst oder ob du ihr die Nahrung entziehst und sie schrumpfen lässt!

 

 

Achte auf deine Gedanken!

 

Deinen Gefühlen und damit auch der Angst gehen Gedanken voraus, die wiederum mit deinen Überzeugungen und Glaubenssätzen über dich und die Welt zusammenhängen. Achte auf diese Gedanken, schenke ihnen Beachtung!

 

Typische Gedanken, die dir vielleicht bekannt vorkommen, wenn du schüchtern bist:

 

-       Die werden mich alle anstarren und negativ über mich denken.

-       Laut sprechen ist unhöflich und ich möchte nicht stören oder unangenehm auffallen.

-       Wenn ich die Person anspreche, werde ich zurückgewiesen oder ausgelacht.

-       Wenn ich im Zentrum der Aufmerksamkeit stehe, werde ich bestimmt wieder rot, fange an zu               schwitzen oder zu zittern und blamiere mich.

-       Ich bin zu wenig/viel von irgendwas.

-       Mir fällt nie ein was ich sagen soll, deshalb vermeide ich lieber einen Kontakt, um nicht dumm da zu     stehen.

-       Wahrscheinlich kann mich sowieso keiner leiden.

 

Deine Gedanken beeinflussen maßgeblich, wie du in eine Situation hinein gehst und wie sich die Dinge entwickeln. Stell dir mal folgendes vor: Du bist schüchtern und hast vielleicht mal schlechte Erfahrungen gemacht, wurdest ausgelacht, gehänselt oder ausgegrenzt. Du befürchtest, dass diese unangenehmen Dinge wieder passieren könnten. Oder du bist grundsätzlich eher wenig selbstbewusst und glaubst, du bist nicht genug irgendwas, z. B. nicht klug genug, nicht interessant genug, nicht wortgewandt und witzig genug, nicht attraktiv genug. (An dieser Stelle sei gesagt: DU BIST GENUG!) Vor diesem Hintergrund gehst du völlig anders in eine soziale Situation als jemand, der kontaktfreudig und selbstbewusst ist.

 

Vermutlich bist du sehr ruhig und zurückhaltend, hältst dich im Hintergrund, versuchst, nicht negativ aufzufallen, vermeidest Gespräche und bist kurz angebunden, um bloß nichts Falsches zu sagen. Was bedeutet das für den Verlauf der Situation? Du bist so mit deinen negativen Gedanken beschäftigt, nimmst das Drumherum gar nicht richtig war und vermeidest intensiven Kontakt. Oder das Gespräch ist schon längst ganz woanders, während du noch über einen besonders witzigen Einwurf nachdenkst. So kommt folglich kein gutes Gespräch und Miteinander zustande. Das bestätigt dich wiederum in deiner negativen Annahme, dass dich keiner mag, du langweilig bist oder es einfach nicht kannst. Du verbuchst die Situation als weitere schlechte Erfahrung und wirst mit noch größerer Angst und Unsicherheit in die nächste Situation gehen. Womöglich ist die Angst irgendwann so groß, dass du solche Situationen völlig vermeidest, um die negativen Gefühle nicht aushalten zu müssen und weil du denkst, dass das alles sowieso nichts mehr bringt.

 

Was meinst du, wie die Situation mit einer selbstbewussten und kontaktfreudigen Person verlaufen würde? Du kannst es dir sicher vorstellen. Vielleicht fragst du dich, was soll das bringen, ich bin eben nicht so. Mag sein, aber du kannst so tun als ob! Du kannst mutig sein, dich deiner Angst stellen und es trotzdem tun. Einfach mal einen spontanen Einfall raushauen ohne erst lange abzuwägen, wie das wohl bei den anderen ankommt. Klar deine Meinung vertreten, auch wenn der Rest der Runde eine andere Meinung hat. Dann wirst du feststellen, dass die allermeisten Befürchtungen gar nicht eintreten und völlig überflüssig waren. Und wenn doch etwas davon passiert, z. B. jemand über dich lacht oder das Gesagte langweilig findet, so what? Dadurch geht die Welt nicht unter, kein Drama. Du entscheidest, wie du mit deiner Angst umgehst, mit deinen Gedanken und mit allem was dir begegnet. Durch mutige Entscheidungen kannst du immer mehr zu der Person werden, die du gerne sein möchtest und deren Anteile auch in dir stecken.

 

Anregungen für einen konstruktiven Umgang mit sozialen Situationen, damit du wachsen kannst und deine Angst schrumpfen lässt:

 

-       Nimm’s nicht persönlich!

Du solltest nicht alles auf dich beziehen. Dein Gegenüber hat vielleicht einfach einen schlechten Tag, Beziehungsstress, Kopfschmerzen oder ist ebenfalls unsicher und reagiert deshalb kurz angebunden und desinteressiert auf dein freundliches Hallo. Wenn du die Ursache jetzt in deiner Person siehst und dich fragst, was du nun schon wieder falsch gemacht hast, ob der andere dich nicht leiden kann oder sowas in der Art, fühlst du dich nur schlecht, schuldig, unzureichend oder beschämt. Also lass es lieber und hör auf zu grübeln.

 

-       Sei du selbst!

Die meisten Menschen mögen und bewundern selbstbewusste Leute, die authentisch und echt sind, die sich zeigen wie sie sind. Hör auf, ständig darüber nachzudenken, wie du dich jetzt idealerweise verhalten solltest, was die anderen von dir erwarten, wie du auf dein Umfeld wirken könntest. Schluss mit den Fragen: Wohin tue ich meine Hände? Werde ich etwa schon wieder rot? Zittert meine Stimme oder spreche ich zu leise/laut? Diese ständige Selbstbeobachtung, ob du auch alles „richtig“ machst, ist unglaublich anstrengend und bringt nichts. Du bist gut so wie du bist und die Menschen, die zu dir passen, werden dich trotz oder gerade wegen deiner Eigenarten mögen und sympathisch finden. Spielst du eine Rolle, bist du immer nur eine schlechte Kopie, musst dich ständig anstrengen und verstellen und ziehst auch noch die Leute an, die eigentlich gar nicht zu dir passen. Daher kannst du dir den ganzen Aufwand sparen und einfach du selbst sein mit all deinen vermeintlichen Schwächen. Das weckt Interesse, schafft echte Gemeinsamkeiten und gibt anderen die Chance, dich zu unterstützen und wirklich kennenzulernen.

 

-       Sei dein bester Freund und nicht dein schärfster Kritiker!

Ein liebevoller und wertschätzender Umgang mit dir selbst ist total wichtig. Wenn du ständig etwas an dir selbst auszusetzen hast, dich kritisierst und abwertest und dich für schlechter und weniger liebenswert hältst als die anderen, wird sich das irgendwann auf dein Umfeld übertragen und so zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Wenn du dich als schüchterner Mensch meist im Hintergrund hältst, möglichst unauffällige Kleidung trägst und keine klare Meinung zu irgendwas äußerst, wirst du wahrscheinlich von den meisten irgendwann tatsächlich als langweilig eingeschätzt, gar nicht weiter wahrgenommen oder links liegen gelassen. Das bestätigt dich dann wieder in deinem negativen Selbstbild, du ziehst dich noch weiter zurück und die Spirale führt immer weiter nach unten.

 

-       Glaub nicht alles was du denkst!

Nur weil du einen Gedanken denkst, ist dieser noch lange nicht wahr. Erst wenn du ihm glaubst und dein Handeln danach ausrichtest, wird er zur Realität.

 

-       Sorge für Bewegung und körperliche Aktivität!

     Körperliche Aktivität wirkt entspannend, angstlösend und antidepressiv. Wichtig ist hierbei die Regelmäßigkeit. Probier aus, welcher Sport dir Spaß macht oder baue einfach regelmäßige, flotte Spaziergänge an der frischen Luft in deinen Alltag mit ein.

 

-       Entspann dich!

Es ist sinnvoll, eine Entspannungstechnik zu beherrschen, damit du dich in besonders angespannten Situationen etwas runterholen und beruhigen kannst. Schau dich doch einfach mal um, was so gibt an Videos & Co. und finde heraus was zu dir passt und bei dir gut funktioniert (Atemtechniken, Meditation, progressive Muskelentspannung, usw.). Gönne dir doch zwischendurch mal eine Massage, ein schönes Entspannungsbad, genieße bewusst ausgiebiges Knuddeln mit deinem Hund, einen guten Kaffee oder Tee.

 

-       Üben, üben, üben!

     Probier dich aus und nutze die Gelegenheiten zum Training deiner sozialen Kompetenzen im Alltag. Durch Übung wirst du immer besser und sicherer in dem was du tust und verlierst ganz nebenbei auch deine Angst.

 

-       Hol dir Feedback von Menschen, denen du vertraust!

Egal ob Freunde, Familie oder Gleichgesinnte, beziehe Vertrauenspersonen mit ein und hol dir ehrliche und konstruktive Rückmeldung. Sprich mit ihnen darüber, wie es dir in bestimmten Situationen geht und erfahre, wie die anderen die Situation und dich wahrgenommen haben. Selbst- und Fremdwahrnehmung gehen oft weit auseinander. Vielleicht wurde dein Referat, das du selbst als grottenschlecht empfunden hast, von anderen völlig anders wahrgenommen und gut bewertet. Durch ehrliches und konstruktives Feedback hast du einerseits einen Realitäts-Check (Realität ist sowieso etwas sehr Subjektives) und erfährst, was du besser machen kannst.

 

Du bist außerdem nicht alleine für ein gutes Gespräch verantwortlich. Wenn du den Mut hattest, jemanden anzusprechen und das Gespräch trotzdem im Sande verlaufen ist, weil es wenig Gemeinsamkeiten gab oder einfach nicht gepasst hat, ist das auch kein Problem und du könntest einfach wie ein Schmetterling zur nächsten Blüte fliegen. Sieh es positiv, immerhin hast du so wieder üben können, dir die Wartezeit an der Kasse vertrieben und neue Erfahrungen und Erkenntnisse gewonnen.

 

 

Solltest du so gar keine Idee haben, wie du ein Gespräch beginnen oder fortführen kannst, weil dir einfach kein Thema einfällt, hier noch ein paar Tipps, was grundsätzlich gut funktioniert:

 

-    Nimm Blickkontakt auf und lächle, so signalisierst du freundliches Interesse.

-    Letzten Endes ist es relativ egal, mit welchem Thema du ein Gespräch eröffnest. Wenn dir aber partout nichts einfallen will, funktioniert es gut, wenn du eine Gemeinsamkeit zwischen dir und deinem Gegenüber findest und sei es nur die Situation oder der Ort, an dem ihr beide euch gerade befindet, und dazu was sagst. (Bsp.: „Ganz schön laut hier.“, „Kaufst du öfter hier ein?“, „Schmeckt der Nudelauflauf so lecker wie er aussieht?“, „Ist dein Labrador auch so verfressen wie meiner?“)

-    Die meisten Menschen freuen sich über ernsthaftes Interesse an ihrer Person und erzählen gerne etwas von sich. Deshalb beobachte dein Gegenüber, höre zu, schau genau hin und wenn dir etwas auffällt, das dich interessiert, nimm das zum Thema.  (Bsp.: „Kannst du eine schöne Joggingstrecke hier in der Gegend empfehlen?“, „Wie lange spielst du schon Tennis?“, „Wo hast du denn die coole Tasche her?“)

 

Diese Tipps sind Motivation und Inspiration zur Selbsthilfe. Du kannst so dafür sorgen, dass du langfristig keine größere Angstproblematik entwickelst. Sie ersetzen keine psychotherapeutische oder medizinische Intervention. Wenn du bereits an einer schweren sozialen Phobie leidest und diese Tipps aus eigener Kraft heraus nicht alleine umsetzen kannst, hol dir Hilfe, damit du wieder raus aus der Isolation und zu mehr Lebensqualität gelangst. Irgendwas geht immer, auch für dich. Nur Mut!

 

KATRIN 

 

PS: Wenn dir der Artikel gefallen und dich inspiriert hat, darfst du ihn gerne mit anderen teilen, denen das auch weiterhelfen kann. Meinen monatlichen Mutivations-Newsletter kannst du hier abonnieren, damit du keinen Artikel mehr verpasst und von weiteren Inspirationen profitieren kannst.

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Sylvia Forsten (Mittwoch, 29 Juni 2022 19:07)

    Hallo Katrin, das klingt alles nachvollziehbar, doch in der Praxis holen die schrecklichen Gefühle dich wieder ein. Was nutzt alle Theorie, wenn man sich in der konkreten Situation dennoch wieder mal beschissen fühlt? Ist meine Lebenszeit dafür da mich schlecht zu fühlen? Es ist vielmehr eine seelenangelegenheit wie ich mich im Umgang mit Menschen fühle als dass ich in meinem Kopf ein Programm umstrukturieren kann. Dadurch werden wir zu Robotern und entmenschlicht. Viele kommen damit klar und bleiben vielleicht unerfüllt. Ich empfinde so und stehe dazu.

  • #2

    Sonja (Montag, 15 August 2022 13:24)

    Es geht um meine Tochter.
    Sie ist sehr Menschenscheu und wen sie mit jemand was ausmacht bekommt sie andauern von Freunden Absagen
    Sie sagt das sie niemand mag und wird immer schüchterner
    Sie weiß nicht das ich das schreibe
    Bitte helfen sie mir

  • #3

    Katrin (Montag, 15 August 2022 14:55)

    Liebe Sonja, schau mal auf www.nummergegenkummer.de, dort können sich Eltern, Kinder und Jugendliche anonym und kostenfrei beraten lassen. Das ist eine gute Anlaufstelle für solche Sorgen, Probleme und Ängste und du bekommst zeitnah Hilfe und Unterstützung über die Hotline. Alles Gute für euch!

Die mit Sternchen (*) gekennzeichneten Links sind sog. Affiliate-Links. Wenn du über diesen Link einkaufst, bekomme ich von dem betreffenden Anbieter eine Provision. Für dich ändert sich der Preis nicht. Danke für deine Unterstützung!